Wenn eine Erkrankung aufgetreten ist, die eine Berufsunfähigkeit darstellen kann, fragen sich viele Versicherte, wer entscheidet über die Berufsunfähigkeit.

Interessant kann die Antwort auf diese Frage auch dann sein, wenn man gerade eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte oder abgeschlossen hat. Schließlich ist die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Kern dessen, was man mit der Berufsunfähigkeitsversicherung versichern möchte.

Wer entscheidet über Berufsunfähigkeit?
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 Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Dominik Engelhardt informiert in diesem Beitrag zu allem Wissenswerten rund um die Feststellung der Berufsunfähigkeit.

 

Inhalt:

  1. Unterschied: Arbeitsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit?
  2. Was passiert, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen meinen Beruf nicht mehr ausüben kann?
  3. Wie lange muss man krank sein, bis Berufsunfähigkeit festgestellt wird?
  4. Welcher Arzt darf Berufsunfähigkeit feststellen?
  5. Wie wird Berufsunfähigkeit geprüft?
  6. Bei welchen Krankheiten ist man berufsunfähig?
  7. Wer berät bei Berufsunfähigkeit?

1.Unterschied: Arbeitsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit?

Die Arbeitsunfähigkeit und die Berufsunfähigkeit hören sich zwar auf den ersten Blick gleich an, sind aber nicht vergleichbar. Wenn Sie beispielsweise wegen einer Erkältung zum Arzt gehen und dieser sie krank schreibt, dann sind sie arbeitsunfähig.

Zumeist sind Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nur vorübergehend. Deshalb bekommt man als Arbeitnehmer in den ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit eine Lohnfortzahlung von seinem Arbeitgeber. Sollte man nach diesen 6 Wochen immer noch arbeitsunfähig sein, erhält man Krankengeld von seiner Krankenkasse.

Berufsunfähig ist man aber, wenn man voraussichtlich dauerhaft derart eingeschränkt ist, dass man seinem zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen kann. Der Feststellung der Berufsunfähigkeit kann aber eine längere Krankschreibung vorausgehen.

2. Was passiert, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen meinen Beruf nicht mehr ausüben kann?

Sollte man aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben können und hat eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, ist zu prüfen, ob die Versicherung durch die vereinbarte Versicherungsleistung das entgangene Einkommen ersetzen muss. Dies kann z.B. eine monatliche Rentenleistung sein, solange man berufsunfähig ist.

Der Begriff der Berufsunfähig wird seit 2008 in § 172 Versicherungsvertragsgesetz definiert. Nach Absatz 2 ist man berufsunfähig, wenn man seinen zuletzt ausgeübten Beruf ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Gründe für die Berufsunfähigkeit können z.B. Krankheit, Körperverletzung oder ein mehr als altersentsprechender Kräfteverfall sein.

Stellt die Versicherung dann fest, dass eine Krankheit bzw. Erkrankung vorliegt, die eine Berufsunfähigkeit darstellt, leistet die Versicherung z.B. eine Berufsunfähigkeitsrente als Ersatz für das Einkommen, was nicht mehr durch den Beruf generiert werden kann.

Doch dabei kann es zu Problemen kommen, wenn die Versicherung die Gründe für eine Berufsunfähigkeit nicht anerkennt, oder bei der Prüfung der Ansprüche herausfinden sollte, dass die Gesundheitsfragen bei Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht korrekt beantwortet worden sind.

Hier erfahren Sie mehr zum Thema:  Gesundheitsfragen falsch beantwortet.

3. Wie lange muss man krank sein, bis Berufsunfähigkeit festgestellt wird?

Berufsunfähig ist man dann, wenn man seinen aktuellen Beruf nur zu maximal 50%, gemessen an der wöchentlichen Arbeitszeit, ausüben kann. Dabei gilt eine Berufsunfähigkeit erst dann als solche, wenn man ab einem Zeitraum von mehr als 6 Monaten bis auf unbestimmte Zeit unter der festgestellten Einschränkung leidet.

Berufsunfähigkeit setzt keine bestimmte Dauer der Arbeitsunfähigkeit voraus

Es reicht daher nicht, dass man lediglich 6 Monate an einer bestimmten Krankheit leidet bzw. arbeitsunfähig ist oder eine Erkrankung hat. Wenn sich erkennen lässt, dass diese in absehbarer Zeit verheilt, wie etwa ein Knochenbruch, dann liegt zwar eine Arbeitsunfähigkeit vor, aber keine Berufsunfähigkeit.

Somit lässt sich keine Zeit angeben, die man „krank“ oder arbeitsunfähig sein muss, damit eine Berufsunfähigkeit vorliegen kann. Es kommt rein auf die Zukunftsprognose an und die Frage, ob man aufgrund dieser Prognose seinen zuletzt ausgeübten Beruf noch zu mehr als 50% weiterhin ausüben kann.
Deshalb sind sowohl die Prognose über die voraussichtliche Dauerhaftigkeit sowie die gesundheitliche Einschränkung als solche und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit entscheidend, nicht aber die Zeit, wie lange man bereits krank war.

4. Welcher Arzt darf Berufsunfähigkeit feststellen?

Es gibt keine Vorgaben dafür, welcher Arzt eine Berufsunfähigkeit feststellen kann oder nicht. Die Berufsunfähigkeit ist dabei keine Diagnose, sondern wird im Zusammenspiel mit der konkreten Erkrankung festgestellt. Die Diagnose kann der behandelnde Hausarzt oder ein Facharzt stellen.

Um überhaupt als berufsunfähig anerkannt zu werden, benötigt man ein ärztliches Schreiben, welches auch beinhalten kann, ob man akut arbeitsunfähig ist oder nicht. Der Arzt muss neben der Diagnose der Erkrankung bzw. Krankheit auch prognostizieren, ob die konkret vorliegende gesundheitliche Einschränkung voraussichtlich dauerhaft ist.

5. Wie wird Berufsunfähigkeit geprüft?

Die Versicherung prüft, ob die gesundheitliche Einschränkung dazu führt, dass der zuletzt konkret ausgeübte Beruf auch tatsächlich nicht mehr zu mehr als 50% ausgeübt werden kann.

Das Attest des Arztes, der zumeist eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit attestieren wird, dient als Grundlage für das weitere Verfahren bei der Versicherung

Antragstellung bei der Versicherung

Um Leistung der Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen, muss man einen Antrag stellen. Bei den einzelnen Versicherungen gibt es auch umfangreiche Fragebögen, die man als Antragsteller ausfüllen muss. Den Antrag, den Fragebogen, das Attest und ggf. weitere medizinische Unterlagen schickt man dann zur Versicherung.

Je umfangreicher und aussagekräftiger die Berufsunfähigkeit dokumentiert und attestiert wurde, desto erfolgreicher kann der Antrag sein. Deshalb kann es bereits an dieser Stelle sinnvoll sein, sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu wenden, um Fehler bei der Antragstellung zu vermeiden.

Prüfung der Versicherung

Nun wird die Versicherung prüfen, ob der Fall plausibel ist und ob Unterlagen fehlen. Ist der Vertragsabschluss noch keine 10 Jahre her, wird die Versicherung die vorvertraglichen Anzeigepflichten prüfen. Hat man z.B. bei den Gesundheitsfragen, die man vor dem Abschluss der BU-Versicherung beantworten musste, einen Fehler gemacht oder eine Erkrankung verschwiegen, kann dies bereits dazu führen, dass die Versicherung die Leistung der BU-Versicherung ablehnt.

Meistens folgt dann, wenn keine Fehler erkannt werden, die Unterlagen vollständig und plausibel sind, eine tiefere Prüfung durch die Versicherung.

Die Versicherung kann in einem solchen Fall anordnen, dass ein Gutachter den Fall prüft. Der Gutachter wird von der Versicherung benannt und auch bezahlt.

Hier erfahren Sie mehr über das Thema: Meine BU will nicht zahlen – Was kann ich tun?

Entscheidung der Versicherung

Nach der Gutachtenerstellung wird die Versicherung meist eine Entscheidung treffen. Entweder es wird anerkannt, dass Sie berufsunfähig sind, oder die Leistung wird abgelehnt. Wird die Leistung abgelehnt, sollten Sie sich in jedem Fall an einen Fachanwalt wenden, um gegen die Ablehnung vorzugehen.

6. Bei welchen Krankheiten ist man berufsunfähig?

Bei der Bestimmung, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt oder nicht, gibt es nicht die eine Krankheit oder Erkrankung, die immer und zwangsläufig zur Berufsunfähigkeit führt; anders als z.B. im Bereich der beruflichen Unfallversicherung, die eine Liste von Berufskrankheiten vorsieht.

Da bei der privaten BU-Versicherung aber immer eine Verbindung bzw. konkreter Ursachenzusammenhang zwischen gesundheitlicher Einschränkung und beruflicher Tätigkeit notwendig ist, ist jeder Fall individuell zu betrachten.

Aus einer Analyse des Analysehauses Morgen&Morgen (Kennzahlen rund um die Berufsunfähigkeit 2022) sind die häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit:

  • Psychische Erkrankungen und Nervenkrankheiten 33,51%
  • Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparat 20,05%
  • Krebs und bösartige Geschwülste 17,42%
  • Unfälle 7,77%
  • Erkrankung des Herzens und des Gefäßsystems 6,52%
  • Sonstige Erkrankungen 14,70 %

7. Wer berät bei Berufsunfähigkeit?

Das Verfahren, um bei einer vorliegenden Berufsunfähigkeit auch an die vereinbarte Versicherungsleistung zu gelangen, kann kompliziert sein.

Die Versicherungen versuchen häufig, die Versicherungsleistung abzulehnen. Man kann hier schon bei der Antragstellung Fehler vermeiden und sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht wenden, der mit ihnen zusammen die passenden Unterlagen zusammenstellt und den Fragebogen korrekt ausfüllt.

Die Entscheidung der Versicherung, auch wenn diese ihren Antrag auf BU-Versicherungsleistung ablehnt, ist nicht in Stein gemeißelt.

Gegen Ablehnungen der Versicherung kann man mittels eines fach- und sachkundigen Fachanwalts für Versicherungsrecht vorgehen.

Die Erfolgsaussichten hängen von ihrem Einzelfall ab und sind zumeist sehr gut.

Wer entscheidet über Berufsunfähigkeit: Sind Fragen zum Thema offengeblieben?

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