Medizinische Grundlagen: Nervenverletzungen als Operationsrisiko
Operationen, besonders an den Extremitäten, bergen das Risiko, Nerven zu verletzen. Solche iatrogenen Schäden können etwa durch ungünstige Lagerung, Zugbelastungen während der OP, unsachgemäßen Einsatz von chirurgischen Instrumenten oder fehlende Beachtung des anatomischen Verlaufs entstehen. Besonders häufig betroffen sind bei Eingriffen an der unteren Extremität der N. peroneus und der N. tibialis. Die Inzidenz schwankt je nach Eingriffsart – etwa zwischen 0,01 und 13 % bei orthopädischen und arthroskopischen Verfahren.
Inhalt

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Direkt nach einer Nervenverletzung kommt es oft zu Symptomen wie Taubheitsgefühl, Brennen, dauerhaft stechenden Schmerzen oder Funktionsausfällen im betroffenen Areal. Später können sich chronische neuropathische Schmerzen, Hypästhesien (herabgesetztes Empfindungsvermögen), motorische Defizite und Bewegungseinschränkungen manifestieren. Diagnostisch kommen neben neurologischer Untersuchung und standardisierten Schmerzfragebögen auch Elektromyografie (EMG), Nervenleitgeschwindigkeit und gezielte Bildgebung (z. B. MRT-Neurografie) zum Einsatz. Nachgewiesen werden können mit eben genannten diagnostischen Möglichkeiten der Typ und die Schwere der Verletzung, was wiederum entscheidend für Therapie und Prognose ist.
Therapieoptionen reichen von konservativen Ansätzen (Schmerzmedikation, physio- und ergotherapeutische Maßnahmen) über neurochirurgische Rekonstruktionen des verletzten Nervs bis zum Einsatz von Schmerzstimulatoren bei komplexen Verläufen. Die Prognose ist wesentlich von der Art der Verletzung, der frühzeitigen Diagnose und einer adäquaten Behandlung abhängig. Verzögerte Diagnostik oder suboptimale Therapiewahl können dauerhafte Beschwerden und Funktionsverluste nach sich ziehen.
Rechtliche und haftungsrechtliche Besonderheiten
Nervenverletzungen im Rahmen von Operationen sind nicht nur medizinisch, sondern auch juristisch von erheblicher Tragweite. Haftungsansprüche aus fehlerhafter Behandlung, mangelhafter Aufklärung oder unzureichender Dokumentation sind häufig Gegenstand von Schadensersatzklagen.
- Aufklärungspflicht und Einwilligung
Im Rahmen der präoperativen Aufklärung muss über sämtliche eingriffspezifischen Risiken, inklusive möglicher Nervenverletzungen sowie die daraus resultierenden Folgeschäden (z. B. Nervenausfälle, Chronifizierung der Schmerzen), informiert werden. Versäumt der Behandler dies, ist die Einwilligung in die Operation oft unwirksam – ein zentraler Ansatzpunkt für haftungsrechtliche Ansprüche - Behandlungs- und Sorgfaltspflichten
Medizinischer Standard verlangt die konsequente Beachtung anatomischer Strukturen, die zeitnahe Diagnostik bei auffälligen Symptomen und ggf. das Hinzuziehen spezialisierter Fachrichtungen. Wird ein Nerv während einer Operation verletzt und bleibt dies intraoperativ oder postoperativ unerkannt bzw. unterbleibt die erforderliche weitergehende Diagnostik, besteht eine erhöhte Haftungswahrscheinlichkeit. Eine Entlassung des Patienten trotz persistierender oder neu aufgetretener Beschwerden ohne ausreichende Abklärung gilt als sorgfaltswidrig. - Schadensdokumentation, Beweislast und Kausalität
Eine umfassende medizinische Dokumentation sowie zeitnahe und objektive Diagnostik sind im Kontext möglicher Schadensersatzprozesse unerlässlich, um Kausalzusammenhänge zu belegen oder zu widerlegen. Gerade bei sensiblen Strukturen kommt es häufig zu Auseinandersetzungen über Schwere und Langzeitfolgen der Verletzung. Prozessual ist der Patient beweisbelastet, kann aber bei groben Behandlungsfehlern oder Aufklärungsverstößen von Erleichterungen profitieren.
Praktikerhinweis: Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
Betroffene, die nach einer Operation an Schmerzen, Taubheit, Bewegungs- oder Funktionsstörungen leiden, sollten ihre Beschwerden frühzeitig dokumentieren und ärztlich abklären lassen. Für die Durchsetzung von Schadensersatz – hierzu zählen Schmerzensgeld, Zuzahlungen, Fahrtkosten, krankheitsbedingte Anschaffungen und Ausgaben, Verdienstausfall und ggf. künftige materielle und immaterielle Schäden – sind folgende Aspekte relevant:
- Behandlungsfehlernachweis: Zunächst muss ein Behanldungsfehler nachgewiesen werden und aus diesem ein kausaler Schaden resultieren. Der Zusammenhang zwischen Behandlung und Schaden muss medizinisch nachvollziehbar darstellbar sein, was meist über Gutachten erfolgt.
- Schadensermittlung: Es sind sämtliche finanziellen und persönlichen Einbußen (Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Pflegebedarf, psychische Belastungen) detailliert darzulegen und zu belegen.
- Dauerhafte Folgen: Chronische Schmerzen, Neuropathien oder dauerhafte Funktionseinschränkungen führen regelmäßig zu erhöhtem Schmerzensgeld und weiteren Ansprüchen auf zukünftige Schadenskompensation (z. B. lebenslange Rentenzahlungen).
Die Erfahrung aus konkreten Fällen zeigt: Häufig liegt der Schwerpunkt der gerichtlichen Auseinandersetzung auf der Frage, ob postoperative Beschwerden nicht hinreichend abgeklärt wurden.
Fazit
Nervenverletzungen sind selten, in ihrer Wirkung für Patienten jedoch oft existenzbedrohend. Eine frühzeitige, spezialisierte medizinische und anwaltliche Betreuung ist sowohl aus medizinischer als auch aus rechtlicher Sicht zentral dafür, adäquate Versorgung zu sichern und berechtigte Schadensersatzansprüche effektiv durchzusetzen.
Dieser Beitrag basiert auf aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien (S3-Leitlinie 005/010: „Versorgung peripherer Nervenverletzungen“, S2k-Leitlinie 030/114: „Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen“), haftungsrechtlichen Grundlagen sowie anwaltlicher Praxis im Bereich des Medizinrechts. Individuelle Beratung bietet unser Kanzleiteam gerne nach persönlicher Kontaktaufnahme. Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung.
FAQ: Nervenverletzungen bei Operationen – Medizinrechtliche Aspekte
Muss ich vor einer Operation explizit über das Risiko einer Nervenverletzung aufgeklärt werden?
Ja. Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, Sie über alle wesentlichen Risiken des geplanten Eingriffs – einschließlich möglicher Nervenverletzungen und der damit verbundenen Folgeschäden – aufzuklären. Fehlt diese Information, gilt Ihre Einwilligung in die Operation als unwirksam und bietet eine zentrale Grundlage für Schadensersatzansprüche bei Komplikationen.
Was gilt rechtlich, wenn nach der OP neue Beschwerden auftreten?
Treten nach dem Eingriff Beschwerden wie Taubheitsgefühl, Lähmungen oder starke Schmerzen neu auf, muss der Arzt zeitnah diagnostisch tätig werden. Wird eine Nervenverletzung nicht erkannt oder unzureichend abgeklärt, kann dies einen Behandlungsfehler darstellen und eine Haftung begründen – insbesondere, wenn die entstandenen Symptome persistieren oder sich verschlimmern.
Wie kann ich als Patient einen Behandlungsfehler nachweisen?
Zunächst sind eine lückenlose medizinische Dokumentation und frühzeitige ärztliche Abklärung Ihrer Beschwerden entscheidend. Für einen Schadensersatzanspruch muss ein Verstoß gegen den medizinischen Standard sowie der daraus resultierende Schaden nachvollziehbar mittels ärztlicher Gutachten belegt werden. Bei grobem Behandlungsfehler oder fehlender Risikoaufklärung kommt es zu Beweiserleichterungen für den Patienten.
Welche Ansprüche stehen mir nach einer Nervenverletzung zu?
Sie können – je nach Schwere und Langzeitfolgen der Verletzung – Schmerzensgeld, Ersatz aller Folgekosten (beispielsweise Zuzahlungen, Fahrtkosten, krankheitsbedingte Anschaffungen), Verdienstausfall sowie eine Rente für zukünftige materielle und immaterielle Schäden geltend machen. Die genaue Höhe und Art der Ansprüche hängt vom individuellen Schadensbild und dem Umfang der Beeinträchtigung ab.