Was versteht man unter einem Krankenhauskeim?
Krankenhauskeime sind Krankheitserreger, die zur einer „nosokomialen“ Infektion führen. Das heißt, es handelt sich um Infektionen, die im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung auftreten, beispielsweise Krankenhäusern. Verursacht werden sie durch verschiedene Mikroorgansimen wie Bakterien, Viren und Pilze.
Die häufigsten Krankheitserregen werden unter dem Begriff „ESKAPE“ zusammengefasst:
- Enterococcus faecium
- Staphylococcus aureus
- Klebsiella pneumoniae
- Acinetobacter baumannii
- Pseudomonas aeruginosa und
- Enterobacter-Spezies
Sie verbreiten sich in Krankenhäusern aufgrund von mangelnder Hygienemaßnahmen und falsch angewendeter Antibiotika.
Inhalt

Was macht Krankenhauskeim so gefährlich?
Mikroorganismen sind überall in der Umwelt zu finden, auch auf unserer Haut und in unserem Darm. Meistens sind diese harmlos oder sogar nützlich, weil sie beispielsweise der Verdauung helfen. Einige wenige Keime können jedoch Krankheiten verursachen. Normalerweise können diese Keime einem gesunden Menschen nichts anhaben.
Was aber, wenn das Immunsystem durch eine schwerwiegende Krankheit geschwächt ist oder wenn es zu sog. hautdurchdringenden Eingriffen – etwa einer Punktion, Injektion oder einer Operation – kommt? Dann haben die Keime freien Lauf und können auch an Körperstellen gelangen, wo sie nicht hingehören. Es kommt zu Wundinfektionen, Abszessen und schweren Krankheitsverläufen. Es kommt zu Symptomen wie Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen oder auch Beschwerden an Operationswunden.
Wann haftet ein Krankenhaus für eine Infektion?
Selbstverständlich kann eine Infektion mit Krankheitserregern durch einen menschlichen Keimträger während einer Operation oder eines Klinikaufenthalts auch bei der Anwendung aller hygienischer Sorgfalt nicht immer vermieden werden. Die Vorgänge im lebenden Organismus lassen sich nicht immer sicher beherrschen.
Jedoch kann eine Haftung der Behandlungsseite bei Infektion im Zusammenhang mit einer Operation oder stationären Behandlung in Betracht kommen, wenn die Keimübertragung durch die gebotenen hygienischen Vorsorgen zuverlässig hätte verhindert werden können (OLG Hamm v. 16.06.2008 – 3 U 148/07).
Wird die gebotene hygienische Vorsorge durch einen Arzt oder ein Krankenhaus nicht eingehalten und kommt zu einer Keiminfektion des Patienten, so liegt ein Behandlungsfehler vor.
Beispiele hierfür sind:
- Fehlende Händedesinfektion des Behandlers
- Unterlassene Versorgung der Einstichstelle vor einer Injektion (Handschuhe, Desinfektion, 60 Sekunden Einwirkzeit)
- Unterlassene Anwendung eines Mundschutzes durch den Arzt
- Berührung der Türklinke mit Handschuhen, welche sodann vor dem Eingriff nicht gewechselt werden
- Organisationsfehler:
- Keine Durchführung eines MRSA-Screenings bei Risikopatienten
- Keine Ausarbeitung eines Präventionskonzepts zusammen mit einem Krankenhaushygienikers trotz des vermehrten Auftritts von Streptokokken- und MRSA-Infektionen
- Verwendung von verunreinigtem Desinfektionsmittel
- Fehlerhaft durchgeführte Wundversorgung
- Mangelnde Desinfektion der chirurgischen Instrumente oder OP-Liege
Erleichterte Beweislast für den Patienten
Seit dem BGH-Urteil vom 19.02.2019 – VI ZR 505/17 reicht es aus, wenn der Patient einen Vortrag hält, der aufgrund der bei ihm eingetretenen Folgen die Vermutung eines Hygienefehlers der Behandlungsseite gestattet. Trägt der Patient beispielsweise vor, dass er sich eine Infektion mit Darmbakterien aufgrund unterdurchschnittlicher hygienischer Zustände im Krankenzimmer zugezogen hat, obliegt es dem Krankenhausträger bzw. Arzt im Rahmen der sekundären Beweislast konkret zu den von ihr ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Hygiene und zum Infektionsschutz im Krankenzimmer der Patienten vorzutragen, etwa durch Vorlage von Desinfektions- und Reinigungsplänen.
Gelingt dies dem Klinikum, so ist erneut der Patient in der Darlegungs- und Beweislast, den Hygieneverstoß plausibel darzulegen. Es ist daher ratsam, sich einen Fachanwalt für Medizinrecht als rechtlichen Beistand zu suchen.
Ist es bei Ihnen zu einer Infektion mit einem Krankenhauskeim gekommen? Vermuten Sie Hygienemängel in der Sie behandelnden Arztpraxis oder Klinik? Dann setzen Sie sich mit uns als Anwälte für Medizinrecht in Verbindung. Wir beraten Sie gern und unterstützen Sie als Patientenanwälte bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.
FAQ – Häufige Fragen zu Krankenhauskeimen und Hygienemängeln
Wie erkenne ich, ob meine Infektion durch mangelhafte Hygiene verursacht wurde?
Oft ist das für Patienten schwer zu beurteilen. Verdächtig sind etwa auffällige Hygienemängel während des Aufenthalts, Infektionen mit typischen Krankenhauskeimen (z. B. MRSA) oder Berichte über ähnliche Fälle in derselben Klinik. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann helfen, den Verdacht zu bewerten und die Klinik zu einer Offenlegung ihrer Hygienestandards zu zwingen.
Wer haftet, wenn ich mich durch mangelnde Hygiene im Krankenhaus infiziert habe?
Die Haftung trifft grundsätzlich das Krankenhaus bzw. den Träger der Einrichtung – insbesondere dann, wenn ein Hygieneverstoß nachgewiesen wird oder sich dieser vermuten lässt. In solchen Fällen handelt es sich um einen Behandlungsfehler, der Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz auslösen kann.
Welche Ansprüche habe ich nach einer Krankenhausinfektion?
Betroffene Patienten haben in der Regel Anspruch auf:
– Schmerzensgeld, abhängig von Schwere und Dauer der Infektion
– Ersatz von Verdienstausfall und Heilbehandlungskosten
– Haushaltsführungsschaden
– In gravierenden Fällen: Ansprüche auf Pflege- oder Erwerbsminderungsrente
Muss ich beweisen, dass das Krankenhaus schuld ist?
Nein, nicht vollständig. Seit der Entscheidung des BGH von 2019 genügt es, wenn die Infektion einen typischen Verlauf nahelegt und sich im Zusammenhang mit dem Klinikaufenthalt ereignet hat. Dann muss das Krankenhaus nachweisen, dass es alle Hygienemaßnahmen korrekt eingehalten hat – es entsteht eine sogenannte sekundäre Beweislast.
Wann sollte ich einen Anwalt einschalten?
So früh wie möglich – am besten, sobald der Verdacht auf einen Behandlungs- oder Hygienefehler besteht. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es, Beweise zu sichern (z. B. Reinigungsprotokolle, Zeugen). Ein Fachanwalt für Medizinrecht kennt die Beweisregeln und die Taktik der Gegenseite – und sorgt dafür, dass Ihre Ansprüche nicht im Keim erstickt werden.